Muss Arbeitgeber Überstunden bezahlen?
In Zeiten von Kurzarbeit beschäftigten uns Fragen zum Thema Überstunden im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen.
Nach der Kündigung oder im Rahmen eines Aufhebungsvertrages haben Arbeitnehmer dann den Mut, die oftmals über Jahre angefallenen Überstunden, geltend zu machen.
Welche Hürden müssen durch den Arbeitnehmer genommen werden?
Die erste Hürde, die genommen werden muss, ist die Prüfung, ob im Arbeitsvertrag eine Ausschlussfrist wirksam vereinbart wurde. Auch wenn eine Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag vorhanden ist, gibt es noch Hoffnung, da viele Ausschlussklauseln insgesamt unwirksam sind, da z.B. auch Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn ausgeschlossen werden.
Der nächste Schritt ist die Darlegung, an welchen Tagen und zu welcher Tageszeit, über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet wurde. Diese Verpflichtung zur Auflistung wird durch das Vorhandensein eines Zeiterfassungssystems abgemildert. Der Arbeitgeber muss die erfasste Arbeitszeit oder auch eine vom Vorgesetzten abgezeichneten Überstundenliste in der Regel streitlos anerkennen.
Welche Voraussetzungen gelten für einen Vergütungsanspruch bei Überstunden?
Da sich ein Arbeitgeber aber Überstunden nicht aufdrängen lassen muss, ist im letzten Schritt vom Mitarbeiter noch die Anordnung oder Duldung der Überstunden darzulegen. D.h. die Überstunden müssen vom Arbeitgeber angeordnet, geduldet, gebilligt oder jedenfalls notwendig gewesen sein. Eine positive Kenntnis des Arbeitgebers von den Überstunden ist nach dem Urteil, des Arbeitsgerichts Emden nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber diese Kenntnis nur deshalb nicht hat, weil er die Verpflichtung zur Einführung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung nicht erfüllt hat (ArbG Emden v. 24.09.2020 2 Ca 94/19)
Weitere Voraussetzung für den Vergütungsanspruch ist entweder die Vereinbarung im Arbeits- oder Tarifvertrag, die vorsieht, dass Überstunden zu vergüten sind. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, dann ergibt sich der Anspruch aus der sog. Vergütungserwartung (§ 612 Abs. 1 BGB). D.h. eine Vergütung gilt als vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach, nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
Können Überstunden pauschal abgegolten werden?
Eine Pauschalabgeltung von Überstunden in Arbeits-oder Tarifverträgen muss einerseits hinreichend klar bestimmt sein und muss alle Arbeitnehmer betreffen (Gleichbehandlungsgrundsatz). Eine solche pauschale Abgeltung muss also zumindest die Anzahl der mit der Vergütung abgegoltenen Überstunden beinhalten. Solche Klauseln sind sehr oft unwirksam, zumal durch die Abgeltung einer bestimmten Anzahl an Überstunden im Niedriglohbereich dann der gesetzliche Mindestlohn unterschritten wird.
Übrigens ist durch die Vereinbarung einer sog. Vertrauensarbeitszeit die Geltendmachung von Überstunden nicht ausgeschlossen. Diese Vereinbarung besagt lediglich, dass Anfang und Ende der täglichen Arbeitszeit nicht vom Arbeitgeber vorgegeben sind; ein Verzicht auf die Abgeltung von Arbeitszeit bzw. Überstunden liegt hierin nicht.
Anders sieht es aus, wenn Mitarbeiter sogenannte Dienste höherer Art erledigen oder eine Vergütung oberhalb der sog. Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, hier fehle es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 16.05.2020,5 AZR346/11) an einer berechtigten Erwartung, das Überstunden gesondert vergütet werden.
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