Werde ich nach einer Abmahnung gekündigt?
Abmahnungen verunsichern viele Arbeitnehmer. Häufig fragen sich Arbeitnehmer, was nach einer Abmahnung passiert und welche Konsequenzen ihnen wegen der Abmahnung drohen. Da die Abmahnung als eine Art gelbe Karte im Arbeitsrecht dient, wird man nach einer Abmahnung nicht sofort gekündigt.
Arbeitnehmer sollten allerdings das abgemahnte Verhalten möglichst nicht mehr an den Tag legen, wenn sie keine verhaltensbedingte Kündigung riskieren wollen. Mit der Abmahnung sollen Arbeitnehmer allerdings in der Lage sein, ihr Verhalten so zu ändern, dass es nicht mehr zu dem Verhalten kommt, welches abgemahnt worden ist.
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Regina Manz erklärt in diesem Beitrag, welche Konsequenzen nach einer Abmahnung drohen, was eine Abmahnung bewirken soll und ob eine Abmahnung nur der Kündigung dient.
Was ist eine Abmahnung?
In einem Arbeitsvertrag haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewisse Rechte und Pflichten. Zu den Hauptleistungspflichten des Arbeitgebers gehört es, den Arbeitnehmer zu beschäftigen und den Lohn bzw. das Gehalt pünktlich zu überweisen. Zu den Hauptpflichten des Arbeitnehmers gehört es, seine Arbeit zu tun, pünktlich zu erscheinen und seine Arbeit so gut wie möglich zu verrichten.
Neben den Hauptleistungspflichten existieren in Arbeitsverträgen noch sog. Nebenpflichten. Dazu zählen z.B. Pflichten zur Rücksichtnahme, zur Geheimhaltung und Loyalitätspflichten. Der Arbeitgeber hat z.B. auch eine Schutz- und Fürsorgepflicht gegenüber seinem Arbeitnehmer. Zur Einhaltung dieser vertraglichen Pflichten verpflichten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit der Unterschrift unter den Arbeitsvertrag.
Abmahnung muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen
Verstößt einer der beiden Vertragsparteien gegen eine der Pflichten, z.B. der Arbeitnehmer, in dem er seine Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig anzeigt, häufig zu spät kommt oder andere Nebenpflichten verletzt, kann der Arbeitgeber dieses Verhalten abmahnen. Die Abmahnung soll dabei mehrere Funktionen erfüllen.
Zum einen soll der Arbeitnehmer auf sein pflichtwidriges Verhalten hingewiesen werden. Dabei muss der Arbeitgeber sehr genau beschreiben, welches Fehlverhalten aufgetreten ist. Dies kann zur Dokumentation des Fehlverhaltens dienen. Kam der Arbeitnehmer z.B. mehrfach zu spät zur Arbeit, muss der Arbeitgeber genau aufführen, wann dies geschehen ist. Eine relativ pauschale Benennung des abgemahnten Verhaltens wie „häufiges Zuspätkommen“ reicht hier nicht aus.
Der Arbeitgeber muss außerdem deutlich machen, dass er das abgemahnte Verhalten für eine Verletzung der vertraglichen Pflichten hält. Die Pflicht, gegen die vermeintlich verstoßen wurde, sollte der Arbeitgeber dabei deutlich benennen können.
Außerdem wird der Arbeitgeber in einer Abmahnung dazu auffordern, das abgemahnte Verhalten in Zukunft zu unterlassen. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer das Verhalten nicht unterlässt, wird der Arbeitgeber arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung androhen.
Abmahnung kann fehlerhaft sein
Nur wenn eine Abmahnung diese Funktionen oder Voraussetzungen erfüllt, liegt auch tatsächlich eine Abmahnung vor. Erfüllt die Abmahnung diese Funktionen nicht, weil z.B. nicht klar genug das abgemahnte Verhalten beschrieben ist, ist die Abmahnung aus formellen Gründen ungültig. Ähnliches gilt auch, wenn Datum oder Unterschrift fehlen.
Ist eine Abmahnung unverhältnismäßig oder gibt es keine Pflicht, gegen die ein Verhalten verstößt, kann auch nicht abgemahnt werden. Schließlich ist eine Abmahnung auch dann ungültig, wenn der Arbeitgeber darin etwas behauptet, was so nicht stattgefunden hat und die Anschuldigungen unwahr sind.
Keine formellen Anforderungen
Die Abmahnung kennt keine formellen Anforderungen. Die Abmahnung muss weder schriftlich ausgesprochen werden, da eine mündliche Abmahnung, wenn diese die Voraussetzungen oder Funktionen erfüllt, ebenso möglich ist. Noch muss die Abmahnung als solche bezeichnet werden. Es muss sich lediglich aus dem Inhalt ergeben, dass eine Abmahnung ausgesprochen werden soll.
Was soll eine Abmahnung bewirken?
Häufig wird die Abmahnung nur als Mittel dafür verstanden oder genutzt, um eine verhaltensbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers vorzubereiten. Zwar muss der Arbeitgeber bei einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung vorher abgemahnt haben. Allerdings liegt der Sinn der Abmahnung nicht darin, lediglich diese Kündigung vorzubereiten.
Der Sinn einer Abmahnung liegt darin, dass der Arbeitnehmer versteht, welches Fehlverhalten er begangen hat, gegen welche Pflicht er damit verstoßen hat und wie er sich zukünftig so verhalten kann, dass es nicht mehr zu einer Pflichtverletzung kommt. Hat sich der Arbeitnehmer z.B. mehrfach zu spät krank gemeldet, soll der Arbeitnehmer nach der Abmahnung die Möglichkeit haben, dieses Verhalten zu ändern und abzustellen.
Aus diesem Grund soll die Abmahnung relativ genau bezeichnen, welches Fehlverhalten nach Auffassung des Arbeitgebers pflichtwidrig ist, welches Verhalten pflichtgemäß ist und wie sich der Arbeitnehmer zukünftig verhalten muss, um keine weiteren Konsequenzen befürchten zu müssen. Nur dann hat der Arbeitnehmer auch die Möglichkeit, das abgemahnte Verhalten abzustellen.
Verhalten muss steuerbar sein
Dies zeigt bereits, dass das Verhalten, auf welches der Arbeitgeber mit der Abmahnung Einfluss nehmen will, auch vom Arbeitnehmer steuerbar sein muss. Das pflichtwidrige Fehlverhalten muss also auf ein steuerbares Verhalten zurückzuführen sein. Der Arbeitgeber kann nicht etwa wegen Krankheit oder einem in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grundes abmahnen.
Was sind die Konsequenzen einer Abmahnung?
Direkte Konsequenzen hat eine Abmahnung nicht. Man muss als Arbeitnehmer nicht befürchten, nach einer Abmahnung sofort gekündigt zu werden. Wurde durch den Arbeitgeber abgemahnt, kann nicht gleichzeitig gekündigt werden. Man muss also als Arbeitnehmer keine Angst haben, wegen einer Abmahnung sofort gekündigt zu werden. Mit der Abmahnung ist keine Kürzung des Lohns oder des Gehalts verbunden.
Die Abmahnung wird allerdings in die Personalakte aufgenommen. Strebt man eine Beförderung oder eine Versetzung im Unternehmen an, kann dies dazu führen, dass man wegen der Abmahnung diese Beförderung nicht bekommt.
Arbeitnehmer sollten abgemahntes Verhalten versuchen abzustellen
Ob weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen, kommt darauf an, ob der Arbeitnehmer das abgemahnte Verhalten abstellt oder nicht. Stellt man das abgemahnte Verhalten nicht ab, kann dies zu einer weiteren Abmahnung und in letzter Konsequenz zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen.
Wie viele Abmahnungen notwendig sind, damit eine verhaltensbedingte Kündigung vom Arbeitgeber ausgesprochen wird, hängt vom Einzelfall und dem Pflichtverstoß ab. Es gibt keine Regel, dass eine gewisse Anzahl von Abmahnungen automatisch zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen.
Es kommt außerdem darauf an, dass die Abmahnungen das gleiche Verhalten abmahnen. Bei weiteren Abmahnungen wegen verschiedener Fehlverhalten droht keine verhaltensbedingte Kündigung. Erst nach einem weiteren Verstoß wegen eines bereits abgemahnten Fehlverhaltens droht eine verhaltensbedingte Kündigung.
Dient die Abmahnung nur der Kündigung?
Arbeitgeber dürfen meist erst dann verhaltensbedingt kündigen, wenn sie vorher abgemahnt haben. So sieht es in etwa die Rechtsgrundlage für Abmahnung in § 314 Abs. 2 BGB vor. Dies sagt aber nur aus, dass eine einschlägige Abmahnung der verhaltensbedingten Kündigung vorausgehen muss. Die Abmahnung ist aber als eine Art „gelbe“ Karte dafür da, dass es erst gar nicht zu einer solchen Kündigung kommen muss und der Arbeitnehmer sich wieder pflichtgemäß verhält.
Deshalb sollten Arbeitnehmer, wenn das abgemahnte Verhalten der Wahrheit entspricht, versuchen, dieses Verhalten abzustellen, um keine Kündigung zu riskieren.
Entbehrlichkeit der Abmahnung
Bei der verhaltensbedingten Kündigung kann es aber auch Ausnahmen von der Pflicht zur Abmahnung geben. Wenn beispielsweise eine sehr schwere Pflichtverletzung vorliegt oder es keine Aussicht auf Besserung bzw. Verhaltensänderung gibt, kann die verhaltensbedingte Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung zulässig sein.